Die Propiska

Oder die Hölle des Sans-papiers.
Wussten Sie, dass Sie in Russland ohne Propiska nicht existieren?

Die Propiska ist der administrative Status, welcher der russische Bürger durch die Registrierung an seinem Wohnort erwirbt. Diese Anmeldung wird ordnungsgemäss durch einen Stempel im internen Pass bestätigt. Dieser Stempel ist der Schlüssel zu einer offiziell registrierten Existenz und zu den damit verbundenen Rechten.

Aus welchem Grund auch immer: falls Sie ihre Wohnung verlieren, adieu Propiska. Ohne Propiska ist es aber unmöglich, eine Wohnung oder eine Arbeit zu finden. Es ist Ihnen auch verwehrt,  innerhalb des Landes zu reisen oder auf die Respektierung der Bürgerrechte zu pochen. Weiter hat man kein Anrecht auf einen internen Pass und das Wahlrecht. Man erhält keine Sozialhilfe und keine medizinische Versorgung mehr und der Zugang zu den Gerichten ist ebenfalls versperrt.

Diese administrative Tyrannei wird noch eine Stufe schlimmer, wenn man einen russischen Pass beantragt. Sein Erwerb hängt von einer «lapidaren» Forderung ab: der Antragsteller muss die russische Nationalität besitzen. Beim Auseinanderbrechen der Sowietunion in mehrere Nationen haben sehr viele Bürger der ehemaligen USSR diesen Status verloren und sie in eine grauenvolle Situation gestürzt. Für Millionen begann damit ein kafkaesker Parcours.

Wenn Sie der Schwarzarbeit entkommen wollen, werden die folgenden Schritte zum Martyrium. Wollen Sie zum Beispiel legal arbeiten? Dann erwartet man von Ihnen:

  • dass Sie den internen Passes besitzen
  • dass Sie auf dem Steueramt registriert sind
  • dass Sie Inhaber einer Pensionskassen-Karte sind
  • dass Sie einen Armee-Pass vorweisen können

Natürlich ist es immer möglich, diese Dokumente illegal zu kaufen; dies jedoch unter der Bedingung, dass Sie das notwendige Einkommen haben und dass Sie sich dabei nicht übertölpeln lassen.
Die ersten Schritte dauern mindestens sechs Monate, öfters  beträgt die Wartezeit aber ein ganzes Jahr oder sogar noch mehr.

Diese Fristen bedeuten für den Sans-Papiers lange Leidenszeiten auf der Strasse, was seine Chancen für eine Wiedereingliederung zusätzlich verschlechtert.

Um dieser totalen Gleichgültig des Verwaltungsapparates und den damit verbundenen Risiken entgegenzuwirken, registriert der Rechtsdienst von Nochlechka die Obdachlosen und gibt ihnen eine «hausgemachte» Indentitätskarte, welche von den petersburger Behörden bis zum Erhalt der offiziellen Papiere stillschweigend akzeptiert wird.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Seite ist durch reCAPTCHA und Google geschütztDatenschutz-Bestimmungen UndNutzungsbedingungen anwenden.